
Digitalzwang und Sozialdepression
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Warum Agilität an die Wand fährt.
Februar 11, 2019Digitale Medien ziehen dich aus dem Leben. Du bist nicht mehr du selbst, lebst in einer Zwischenwelt, behandelst dein Umfeld anders und verbrauchst wahnsinnig Zeit. Es entsteht innere Unruhe. Du wirst unausgeglichen.
Junkie oder nicht?
Die Reaktionen und Infos aus der Online-Welt via Mail, Twitter, Facebook, Insta, Messenger, Whats-App, Youttube etc. werden zu einer Ersatz-Droge. Das Gehirn schüttet bei jeder Nachricht Dopamin aus. Das Glückshormon macht süchtig. Ob es nun Freunde sind, die am Tisch sitzen oder fremde Kontakte in Australien…Reaktionen aus dem Netz übernehmen die Führung. Dein Phone/Rechner macht „Ping“ und deine Aufmerksamkeit ist sofort fragmentiert. Ein Teil von dir will wissen, wer da schreibt. Vielleicht ist es ja wichtig…du bist abhängig – ein Junkie!
Ausbrenn-Faktor hoch
Ich erfuhr am eigenen Leib die Digital-Sucht. Auf einmal hatte ich das Gefühl, nur noch zu arbeiten. Ich fühlte, wie ich ausbrannte, konnte aber nicht mehr aufhören. Mit der Veröffentlichung meines Buches im September stieg ich in eine Marketing-Maschinerie ein, die schnell ein Selbstläufer wurde. Es war so lange ok, solange die Leidenschaft für meinen Beruf größer war, als der Stress. Doch das ständige posten und liken, Artikel schreiben, kommentieren, sich mitteilen (müssen), kostete mich täglich mehr Kraft. Warum? Wie bei einer Droge, ist es die Dosis, die den Unterschied macht. Kippt es in die Abhängigkeit, wird es gleichzeitig existenziell. Du glaubst, du musst es tun, siehst nicht mehr rechts und links, wirst zum Sklaven. Wird es zwanghaft, greift es deine Energie-Reserven an. Ich musste den Ausstieg planen und radikal durchziehen.
Maßnahmen:
- Meine Marketing-Aktionen zu „Surf your life“ anpassen und gerade ziehen
- Prozesse verändern, Team aufstocken
- Nur das tun, was effektiv ist, den Rest lassen
- Alle Benachrichtigungen der Apps abstellen
- Lesebestätigung bei what’s app abschalten
- Handy in Meetings, zu Terminen oder bei Freizeitaktivitäten nicht mitnehmen
- Fixe Online-Zeiten zum surfen, informieren, antworten
- Telefonisch Termine vereinbaren statt x Mails oder Nachrichten senden
- Messages kürzer fassen, CC nur im Notfall
- Auf Sprachnachrichten und Weiterleiten von Halb-Wichtigem verzichten (andere nicht zumüllen)
- Unwichtiges nach kurzem Effizienz-Check un- gelesen/gehört/gesehen löschen (Witze, Filme, www-Empfehlungen etc…)
- kein Handy auf der Couch, im Bad oder gar im Bett
- unangenehme Gespräche sofort beenden, vor allem die, bei denen andere meine Zeit für ihre Ziele prostituieren
- keine Aufträge anderer annehmen „schickst Du mir mal…“, wenn der anderen einfach nur kurz googeln müsste
- Fotoapparat zulegen, statt Handy-Fotos
- ungestörte Zeit-Blöcke für die Arbeit an einem Thema – Handy auf Flugmodus, Mails ausschalten
Entzugssymptome:
- Es fehlt was, die Hand greift ins Leere nach dem Handy
- Müdigkeit, die bisher verdrängt wurde durch Digitalkonsum
- Gefühl von Einsamkeit/ Leere durch Dopaminentzug im Gehirn
- Angst, etwas zu verpassen, nicht informiert zu sein
- Langeweile, wie bei Kindern, wenn man den TV ausschaltet
- Orientierungslosigkeit „äh…und was jetzt?“. Der kreative Teil des Gehirns, der beim Digitalkonsum abgeschaltet wird, muss erst wieder neu starten
- Gefühl, andere vor den Kopf zu stoßen beim „Nein“ sagen. Die „Community“ muss sich erst an das veränderte Digitalverhalten gewöhnen
Entzug-Dauer: 5-14 Tage
Rückfallchance: Jederzeit, das hört nicht auf, weil die digitale Welt das tägliche Leben beeinflusst und verändert. Deshalb brauchen wir neue Regeln.
Belohnung:
- Kontakte mit Tiefe
- Mehr Zeit
- Weniger Stress
- Schnellere Absprachen
- Kreativitätslevel steigt
- Besser zuhören
- Mehr Geduld
- Muße, über Dinge nachzudenken, ohne Unterbrechung
- Buch oder Film ablenkungsfrei konsumieren
- Arbeit komprimierter
- Gespräche fokussierter
- Konzentrationsfähigkeit steigt
- weniger Fehler/ Vergessen/ Missverständnisse
Meine Kinder erleben mich nicht mehr als Computermama. Ja, überhaupt hat die Zeit mit Kids und Freunden eine neue Qualität gewonnen, nach einer Entzugsphase, die selbstverständlich nicht so viel Spaß gemacht hat. Trotzdem war mir immer klar, WARUM ich das will. Das Leben ist zu kostbar, um es einer Sucht zu opfern – ob das Arbeit, Digitalkonsum oder andere Dinge sind. Inzwischen habe ich wieder die Kontrolle übernommen und damit Leichtigkeit, Freude und innere Gelassenheit zurückgeholt.
Das ganze Leben ist ein Problem 🙂
„Du bist doch der Profi, lies mal Dein eigenes Buch!“, bekam ich in der Entzugsphase zu hören. Niemand ist davor geschützt, sich in den eigenen Ansprüchen zu verlaufen. Ich halte mich für eine energiegeladene, hochmotivierte, stets gut gelaunte Person. Sie auch? Dann wissen Sie ja, wir müssen uns immer wieder reflektieren, neu sortieren und Gewohnheiten überprüfen. Das Leben bleibt nicht stehen. Im Fluss zu bleiben heißt auch Abschied nehmen, von Gewohnheiten, Vorstellungen, Überzeugungen und Werten. Danach geht es auf einem neuen Level weiter. Tiefgründiger, klarer und mit einer verstärkten Lebensqualität.
Wie gehen Sie mit der Herausforderung Handy/Medienkonsum/Digitalsucht um, z.B. auch in Bezug auf Ihre Kinder?
Welche Maßnahmen führen Sie ein?
Welche Entzugssymptome haben Sie?
Was ist Ihr Warum, Ihre Belohnung?