
Die Führungskraft stört mich bei der Arbeit!
Juli 10, 2025
Ängste führen nicht
Juli 17, 2025Im Coaching erzählt mir ein Teamleiter Folgendes:
„Unser Bereichsleiter hört sich nicht mal an, was wir vorschlagen. Er weiß alles besser. Wenn es gut läuft, war’s sein Verdienst. Wenn was schiefläuft – waren wir’s. Kritik? Fehlanzeige. Er wird dann sofort übergriffig oder abwertend. Und das Ganze wird von oben noch beklatscht.“
Was hier geschildert wird, klingt vertraut. Schnell fällt in solchen Gesprächen ein Begriff: Narzissten in der Führung.
Aber was steckt wirklich dahinter?
🔍 Was ist Narzissmus – psychologisch betrachtet?
Der Begriff „narzisstisch“ wird im Alltag schnell verwendet – oft als Zuschreibung für überhebliche, egozentrierte Persönlichkeiten. Aber psychologisch ist Narzissmus ein Spektrum. Zwischen gesundem Selbstwert und pathologischer Ich-Überhöhung.
Merkmale einer narzisstischen Ausprägung (nicht zwangsläufig einer Störung!):
- Grandioses Selbstbild – mit verzerrtem Fremdbild
- Starke Bedürftigkeit nach Bewunderung
- Wenig Empathie
- Feedbackresistenz
- Überhöhte Visionen oder Idealisierung der eigenen Rolle
Doch: Nicht jeder Mensch mit Selbstbewusstsein ist narzisstisch. Und nicht jeder „schwierige Chef“ ist ein Fall für die Psychiatrie.
⚠️ Narzissten in der Führung – eine kritische Betrachtung
Narzissten können in Führung viel bewirken – oder viel zerstören. Sie wirken oft charismatisch, visionär, energiegeladen. Sie inspirieren – aber können auch manipulieren. Sie reißen mit – oder reißen ein.
Was sie möglich machen:
✅ Mutige Entscheidungen ✅ Strategische Visionen ✅ Hohe Leistungsbereitschaft
Was sie gefährlich macht:
❌ Mangel an Feedbackfähigkeit ❌ Geringe Fehlerkultur ❌ Angst- und Misstrauensklima im Team
🤔 Doch was stimmt wirklich?
1️⃣ Welche Argumente STÜTZEN die Annahme „Narzissten sind problematische Führungskräfte“?
- Studien zeigen: Pathologischer Narzissmus korreliert mit geringer Teamzufriedenheit und hoher Fluktuation.
- Narzisstische Führungskräfte neigen dazu, ihre Bedürfnisse über das Team zu stellen.
- Es gibt Hinweise auf destruktive Auswirkungen auf psychologische Sicherheit und Teamkultur.
2️⃣ Welche Fakten WIDERLEGEN diese Sichtweise?
- Narzisstische Anteile können auch innovativ und richtungsweisend wirken.
- Viele erfolgreiche Führungspersönlichkeiten haben narzisstische Züge – ohne destruktiv zu wirken.
- Ein hohes Selbstwertgefühl ist nicht gleichzusetzen mit toxischem Verhalten.
3️⃣ Welche BLINDEN FLECKEN beeinflussen unser Denken dabei?
- Wir stempeln Menschen ab, die sich sicher oder stark zeigen – obwohl sie vielleicht einfach klar positioniert sind.
- Unsere eigene Unsicherheit kann dazu führen, Selbstbewusstsein als Überheblichkeit zu deuten.
- Die Bewertung basiert häufig auf subjektiven Verletzungen statt differenzierter Analyse.
4️⃣ Welche ALTERNATIVEN sollten wir in Betracht ziehen?
- Zwischen gesunder Selbstsicherheit und destruktivem Narzissmus unterscheiden lernen.
- Führungskräfte stärken – in Selbstreflexion und Feedbackkompetenz.
- Mitarbeitende schulen, um Grenzen zu setzen und die eigene Resilienz zu stärken.
✅ Abschließende Einschätzung:
Narzissten in der Führung sind nicht per se das Problem. Problematisch wird es, wenn Strukturen sie fördern – und niemand stoppt, was anderen schadet.
Die Wahrheit liegt selten im Extremen. Weder „Narzissten dürfen niemals führen“ noch „Wer führen will, braucht eine dicke Ego-Schale“ sind haltbar.
Führung braucht psychologische Reife. Und Organisationen brauchen den Mut, nicht nur die Leistung zu sehen – sondern auch die Wirkung.